Der „Erste-Nacht-Effekt“: Wenn man woanders nicht schlafen kann

6 Tipps und eine „Besser-schlafen-unterwegs“-Packliste gegen Schlafstörungen im Urlaub

Warum schläft man die erste Nacht woanders schlecht? Und was tun, wenn man ausgerechnet im Urlaub nicht schlafen kann?

Dass man vor allem die ersten Nächte in einem fremden Bett nicht zur Ruhe kommt, ist so weit verbreitet, dass es einen wissenschaftlichen Begriff dafür gibt: Wer vor allem anfangs im Hotel nicht schlafen kann, erlebt den so genannten „First-Night-Effect“ oder „Erste-Nacht-Effekt“.

Das Phänomen stammt aus der Zeit, als die Steinzeit-Menschen auf der Jagd in fremden Höhlen ohne den Schutz der Sippe nächtigen mussten. In der ungewohnten Umgebung bleibt seither immer etwas Gehirnaktivität erhalten, um bei Gefahr schnell reaktionsbereit zu sein. Tatsächlich hält Studien zufolge eine Gehirnhälfte so etwas wie Nachtwache.

Für den modernen Menschen ist dies besonders ungünstig bei Rundreisen, wo wir mehr als einmal woanders schlafen. Und natürlich auch, wenn es bereits zuhause Schlafstörungen gibt. Einschlaf- oder Durchschlafprobleme im heimischen Bett können den First-Night-Effekt im Hotel noch verstärken.

Wer zu Hause generell schlecht schläft, kann natürlich auch im Urlaub mit Schlafproblemen rechnen. Eine gute und eine schlechte Nachricht, denn wer Schlafstörungen kennt, hat vielleicht auch schon ein paar Hilfsmittel parat.

So oder so gilt: Gestalte alles rund um das Schlafen im Urlaub so, dass es sich so vertraut und sicher wie möglich anfühlt und die innere Nachtwächterin zur Ruhe kommen kann.

Damit deine Reisen und Ausflüge weder unter dem First-Night-Effect noch unter sonstigen Schlafstörungen leiden, haben wir in diesem Blogbeitrag ein paar Tipps zusammengestellt, damit du ab sofort woanders besser schlafen kannst.

Müde auf Reisen ist keine Seltenheit - First-Night-Effect oder Schlafproblemeim Urlaub sind die Ursachen. Bildrechte: Abbie Bernet via Unsplash

Tipp 1: Schaffe eine vertraute Atmosphäre

Wenn wir woanders schlafen, bleibt ein Teil des menschlichen Gehirns gerne in Alarmbereitschaft. Gut also, wenn wir unserer Biologie mitteilen, dass alles wie immer und damit in bester Ordnung ist. Ein paar Ideen, wie das aussehen könnte:

Eigenes Kissen mitnehmen

„Wenn du das Kopfkissen wechselst, schläfst Du nicht“, sagt ein japanisches Sprichwort. Das kann gleich aus mehreren Gründen stimmen: Zum einen stellt das eigene Kissen etwas Vertrautes dar und entspannt damit unsere Nachtwächterin. Zum anderen führen zu große oder zu hohe Kissen schnell dazu, dass man sich „verliegt“ und Nacken und Schulter tagelang beleidigt sind.

Am besten also, ganz wie die Japaner*innen empfehlen, das Kissen gar nicht erst wechseln, sondern das eigene mitnehmen! Bonus: Der vertraute Waschmittel-Geruch und das Gefühl des eigenen Bezugs auf der Haut können für das Nervensystem so etwas wie Heimat simulieren.

Wenn das Alltagskissen zu groß ist für den Koffer, schau dich in der Welt der Reisekissen um und „trainiere“ ein paar Tage oder Wochen vor der Abreise das Schlafen mit dem neuen besten Stück.

Auch bei der Schlafbekleidung solltest du das einpacken, was du gerne magst, worauf du dich freust und nicht das, „was eh weg kann“.

Abend-Rituale beibehalten

Was auch immer dir hilft vor dem Einschlafen, behalte es so gut wie möglich bei, wenn du auf Reisen bist. Vertraute Rituale helfen deinem Nervensystem, sich sicher zu fühlen und so zu entspannen, dass du auch woanders gut schlafen kannst.

Vielleicht trinkst du abends gerne eine bestimmte Tasse Tee, dann pack die Teebeutel deiner Lieblingssorte ein. Es gibt fast immer eine Möglichkeit, in einer Unterkunft heißes Wasser für auf‘s Zimmer zu bekommen. Umso einfacher, wenn du eine Thermoskanne mit Becher dabei hast.

Abendrituale wie eine Tasse Tee helfen beim Einschlafen in fremder Umgebung. Day Banks via Unsplash

Wenn du auf Düfte stehst, nimm das gut riechende Körperöl, eine Duftkerze, dein Räucherwerk (bei Flugreisen Feuerzeug oder Streichhölzer vor Ort kaufen!) oder dein Lavendelsäckchen mit.

Löst du Sudoku-Rätsel, bis dir die Augen zufallen? Liest oder hörst du Bücher vor dem Einschlafen? Nimm mit auf die Reise, was dich runterfährt und das Wohlgefühl fördert.

Tipp 2: Dosiere am Abend, was dich nachts aktiviert

Es gibt Gewohnheiten, die uns ruhiger machen und andere, die uns stimulieren. Wenn du weißt, was welche Wirkung auf dein System hat, kannst du bewusst wählen.

Die richtige Menge beim Essen und Trinken

Die Verführung ist riesig, am Hotel-Buffet einen Teller zu viel zu essen oder zur Feier des Tages im Urlaub mehr Alkohol zu trinken als der Körper gewohnt ist. Versuche vor allem zu Beginn der Reise gut bei dir zu bleiben und lieber Reste zu lassen oder mal „Nein“ zu sagen, wenn du spätes und schweres Essen nicht gewöhnt bist.

Und auch wenn ein Glas Rotwein beim Einschlafen helfen soll, so beeinträchtigt Alkohol nachgewiesenermaßen später die Schlafqualität und führt häufig zu Schlafstörungen und früherem Aufwachen.

Kaffee und Nikotin meiden

Hab einen guten Blick auf die Uhr, wenn du einen Kaffee bestellst oder zur Zigarette greifst. Jede von uns hat natürlich eine andere Sensibilität für stimulierende Wirkstoffe. Doch generell heißt es, dass wir ab spätestens 4-6 Stunden vor dem Schlafengehen auf koffeinhaltige Getränke wie Kaffee, Tee und Cola verzichten sollten. Auch Nikotin und Medikamente, die Koffein enthalten, fallen in diese Rubrik.

Kaffee neben einem ungemachten Bett. David Mao via Unsplash

Bildschirmzeit und Social Media reduzieren

Es gibt Studien, die besagen, dass Licht von Bildschirmen wie Smartphones, Tablets, E-Readern und natürlich auch dem Hotel-Fernseher den Schlafrhythmus beeinflussen. Der hohe Blau-Anteil aus diesen Licht-Quellen ist tagsüber der Sonne vorbehalten und verzögert am Abend den Ausstoß des Schlafhormons Melatonin.
Gesichert sind diese Erkenntnisse jedoch nicht, da die Studien oftmals zu wenig Teilnehmende hatten.

Sicher dürfte allerdings sein, dass uns nervenaufreibende Inhalte, die wir über die verschiedenen Geräte konsumieren, den Schlaf rauben können. Von Horrorstreifen über kritische Selbstoptimierungstipps bis hin zur aktuellen Nachrichtenlage gibt es so Einiges, was uns ganz individuell aktiviert oder aufregt. Der Urlaub kann nicht nur um des guten Schlafes willen eine gute Zeit sein für einen Social Media oder Nachrichten-Detox.

Tipp 3: Bewusster Tagesabschluss für mehr Ruhe

Wenn du noch kein Abendritual hast, um deinem Körper und Geist das Signal zu geben, langsam herunterzufahren und sich auf die Nacht einzustellen, könntest du auf der Reise oder kurz vorher ausprobieren, was dir hilft. Damit ein Ritual tatsächlich funktioniert, ist allerdings wichtig, es täglich zu wiederholen (ohne sich dabei zu stressen).

Die ideale Schlafumgebung

Schaffe ganz bewusst eine angenehme Lichtsituation, indem du von der großen Zimmerbeleuchtung umschaltest auf Nachttischlampen. Reguliere die Temperatur mit Klimaanlage, Ventilator oder Heizung so, dass du gut einschlafen kannst. Wenn es ein Gewinn ist, lüfte den Raum vor dem Schlafengehen einmal richtig durch.

Den Kopf leer kriegen

Manchmal hindern uns allzu laute Gedanken im Kopf am Einschlafen. Oder wir wachen nachts um 3 Uhr auf und fangen an, Probleme zu wälzen, Gespräche zu wiederholen oder Eindrücke Revue passieren zu lassen.
Auf einer Reise passiert sehr viel, was es zu verarbeiten gilt: Wir treffen neue Menschen, erleben viele Dinge, die außerhalb unserer Komfortzone liegen, fühlen uns gestört, herausgefordert oder auch positiv angeregt.

Zum Abschluss des Tages ein kleines (Reise-) Tagebuch zu führen, kann helfen, den Kopf leer genug zu bekommen, um nicht nachts noch an den Gedanken festhalten zu müssen oder sie endlos zu wiederholen. Schreib auf, was dich bewegt oder was du dich fragst. Hauptsache raus aus dem Kopf. Papier ist geduldig!
Natürlich helfen auch konstruktive Gespräche mit einer lieben Person nah oder fern, um Erlebtes zu teilen und zu verarbeiten.

Frau schreibt ein Reisetagebuch in den Bergen und bekommt so den Kopf frei, um besser zu schlafen. Bildrechte: Tyler Nix via Unsplash

Aufräumen und vorbereiten

Ein bewusster Tagesabschluss kann auch sein, wegzuräumen, was du benutzt hast und schon bereitzulegen, was du für den nächsten Tag brauchen wirst. Kleidung, Trinkflasche, Kamera – die Vorbereitung auf den nächsten Tag im Urlaub kann dazu beitragen, den Geist zu entspannen und einen erholsamen Schlaf zu finden.

Tipp 4: Entspannungsmethoden, um woanders besser schlafen zu können

Entspannungstechniken wirken ganz gezielt auf das Nervensystem und gehören daher zu den besten Methoden, um besser zu schlafen – im Urlaub und anderswo. Wie bei allen anderen Punkten funktioniert auf Reisen am besten, was du schon kennst. Dann ist auch die Chance größer, dass du die Techniken auch tatsächlich machst!

Such dir zur Unterstützung deiner Praxis am besten vorher schon entsprechende Audios oder Videos heraus, damit du sie auf der Reise direkt parat hast.

Aktive Entspannung

Für sanfte aktive Entspannung kann schon ein gemächlicher 10-minütiger (Verdauungs-) Spaziergang rund ums Hotel hilfreich sein. Tai Chi, Qi Gong oder ruhigere Yoga-Übungen wie Yin oder Restorative Yoga erlauben deinem System langsam runterzufahren für einen erholsamen Schlaf.

Tiefere Entspannung

Für noch tiefere Entspannung vor dem Schlafen im fremden Bett gibt es natürlich auch ganz klassisch Meditation, Atemübungen oder autogenes Training und progressive Muskelentspannung. Vermutlich wirst du nichts davon gerade auf einer Reise das erste Mal machen. Doch wenn du schon einen Favoriten hast unter diesen Methoden, dann sind sie echte Game-Changer für eine gute Nacht im fremden Bett.

Yoga und Meditation entspannen vor dem Einschlafen. Bildrechte: Avrielle Suleiman via Unsplash

Wellness im Hotelbad

Die letzte Handlung vor dem Zubettgehen ist in der Regel der Besuch im Badezimmer. Mit etwas mehr Ruhe und Zeit kann sich dein Hotelklo sogar in eine kleine Wellness-Oase verwandeln. Mach langsam, nutze die beruhigende Wirkung von warmem Wasser in Bad oder Dusche, verwöhne dich mit gutriechenden Cremes oder Ölen und einer kurzen Massage.

Tipp 5: Hilfsmittel bei Schlafstörungen in einer fremden Umgebung

Wenn du sensibel auf die Bedingungen in deinem Schlafzimmer reagierst, probiere aus, mit welchen Hilfsmitteln du gut zurechtkommst. Am besten ist es auch hier wieder, nicht in der neuen Umgebung erst damit anzufangen, sondern deinem Körper und Geist schon vorher eine Kostprobe zu geben.

Ohrstöpsel für den inneren Rückzug

Es gibt Länder, die sind chronisch laut – Italien zählt dazu. Und dann gibt es viele Länder, in denen die Unterkünfte aus verschiedensten Gründen nicht so gebaut sind, dass laute Geräusche draußen bleibt. Verkehrslärm, Straßenhunde, tropische Vögel, Menschen: Wenn frau sich erstmal darauf fixiert hat, kann alles zum Störfaktor werden.

Die guten alten Ohrstöpsel können hier einfach Abhilfe leisten. Es gibt sie aus Silikon, Schaumstoff, transparent und farbig, für Seitenschläfer oder mit Belüftung – kurzum probiere unbedingt vor der Reise über mehrere Nächte aus, welche zu deiner Ohrgröße passen und mit welchem Material du gut zurechtkommst!

Eine neuere Entwicklung sind übrigens weiche Stirnbänder mit Bluetooth-Kopfhörern, mit denen du sanften Naturklängen oder anderen „White Noise“-Aufnahmen lauschen kannst beim Einschlafen.

Schlafbrille für vollkommene Dunkelheit

Nicht immer lassen sich die Räume im Hotel oder Flugzeug ausreichend verdunkeln für einen erholsamen Schlaf. Hier kommt die Schlafmaske oder Schlafbrille ins Spiel: Sie blockiert das Licht und kann zu einem längeren und tieferen Schlaf führen. In manchen Studien heißt es sogar, dass Schlafmasken das Erinnerungsvermögen verbessern.

Also lohnt es sich auf jeden Fall, das schon vorher zu testen! Auch, ob das gute Stück lieber aus Seide oder Viskose sein soll, mit leichtem Gewicht oder Duft kommen darf oder gar mit integrierten Ohrstöpseln.

Frau im Hotelbett mit einer lustigen Augenmaske, damit das Schlafen leichter fällt. Bildrechte: Canva

Omas liebste Heilpflanzen für einen guten Schlaf

Hausmittel wie Baldrian können deine Schläfrigkeit fördern. Für eine spürbare Wirkung müssen manche Mittel allerdings über einen Zeitraum von zwei bis vier Wochen eingenommen werden, sagen Fachleute.

Eine schöne Tasse Tee aus Heilpflanzen wie Baldrian, Hopfen, Lavendel, Melisse und Kamille, in Ruhe zubereitet und genossen, trägt aber unabhängig davon sicherlich dazu bei, dass unser Nervensystem sich beruhigt und das Schlafen am fremden Ort sicherer erscheint (siehe Abendritual unter Tipp 1!)

Tipp 6: Beste Vorbereitung für guten Schlaf auf Reisen

Stressreduktion oder zumindest der Wechsel zu positivem Stress ist genau das, was wir uns von unserem Urlaub erhoffen. Auch das kann mit etwas Vorbereitung manchmal noch besser klappen. Und beeinflusst damit auch die Schlafqualität fern der Heimat.

Stress vor dem Urlaub langsam reduzieren

Der Stress kurz vor dem Urlaub ist real: Vielleicht noch Vollgas im Job, um die Übergabe gut hinzukriegen oder möglichst viel vorzuarbeiten, gleichzeitig die Katzensitterin anheuern, die Packliste abarbeiten und die Wohnung halbwegs geordnet zurücklassen… Einfach mal so in Urlaubsmodus umschalten, kann eine Herausforderung sein.

Ein leicht gesagter, aber sicher nicht einfacher Tipp ist daher, so wenig gestresst wie möglich eine Reise zu starten. In ausgeruhtem Zustand lassen sich die Herausforderungen eines Orts- und Klimawechsels und auch der First-Night-Effect deutlich leichter verkraften.

Packen frühzeitig beginnen

Nicht in letzter Minute zu packen, kann schon wesentlich zur Entspannung bei den Vorbereitungen beitragen. Lies dir die Empfehlungen für das Zielgebiet mehrere Wochen vor der Reise durch und schau nach, was du alles schon hast und was du noch kaufen oder testen willst.

Sieh dir dafür gerne unsere „Besser-schlafen-im-Urlaub“-Packliste weiter unten in diesem Artikel an und checke unsere Packlisten für alle Fälle (coming soon).

Strategisches Jetlag-Traning (gibt’s!)

Flüge in eine andere Zeitzone bringen unseren Schlafrhythmus auf jeden Fall durcheinander. Um die Zeitumstellung wenigstens ein klein wenig zu verringern, kannst du schon vor der Reise die innere Uhr in deinem Körper ein klein wenig vor- oder zurückstellen.

Geh dazu bei einem Flug Richtung Osten jeweils eine Stunde früher ins Bett und stehe auch eine Stunde früher auf. Bei einem Flug nach Westen gehst du einige Tage vorher jeweils eine Stunde später schlafen und stehst entsprechend eine Stunde später auf.

Entspannt reisen nach einer guten Nacht im Hotel. Bildrechte: Anja Dt via Unsplash

Tipp 7: „Besser-schlafen-im-Urlaub“-Packliste: Alles auf einen Blick

  • Eigenes Kissen oder Reisekissen, Nackenhörnchen für den Flug
  • Schlafbrille
  • Ohrstöpsel
  • Heilkräutertee und Thermoskanne
  • Duftkerze, Lavendelsäckchen, Räucherkram
  • Gut duftende Körperlotion oder Massageöl
  • Rätselheft, Bücher
  • Tagebuch, Journal
  • Entspannungsmusik, Audios für Meditationen, Atemübungen, progressive Muskelentspannung, Autogenes Training, etc.
  • Reiseyogamatte

Unsere „Besser-schlafen-im-Urlaub“-Packliste zum Ausdrucken und Abhaken

Noch mehr Packlisten zum Ausdrucken und unsere besten Tipps fürs Packen findest du übrigens in unserem Blogbeitrag „Packlisten und Packstrategien für Frauen auf Reisen

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