Reisebericht: Persönliche Erfahrungen im Urlaub in Kirgistan

Reiseteilnehmerin Gisela Platz schreibt in unserem Blog über ihre Erfahrungen auf der Reise nach Kirgistan im Sommer 2023. Der Reisebericht bezieht sich auf die Tour „Kirgisistan – Eine Frauenreise in das Herz Zentralasiens“:
https://www.womenfairtravel.com/frauenreisen/ferntraeume/kirgisistan/eine-frauenreise-in-das-herz-zentralasiens

„Kirgisistan… Ist das ein Land? Wo soll das denn sein?“ – So in etwa war die Reaktion im Bekanntenkreis, wenn wir von unseren Reiseplänen erzählten.

Aufgerissene Augen dabei, wenn wir dann auf Zentralasien hinwiesen: “Was wollt ihr denn bei den Russen? Reisen nach Kirgistan ist doch bestimmt gefährlich, da geratet ihr noch in den Krieg!“ Oder: “Da wollt ihr als Frau hin? Sind da nicht die Taliban? Wollt ihr etwa mit Schleier herumlaufen?“

Heiraten in Kirgistan: Frauen ohne Schleier
Heiraten in Kirgistan: Frauen ohne Schleier

Erste Erfahrung auf der Reise: Kirgistan ist sicher

Zugegeben: So ganz ohne Zweifel und Bedenken sind wir tatsächlich nicht zu unserer Reise aufgebrochen.

Denn auch wir hatten von der ehemaligen Sowjetrepublik Kirgistan oder Kirgisistan, die unter dem Namen Kyrgyzstan seit 1991 ein unabhängiger demokratischer Staat ist, keine so rechte Vorstellung.

Vor den eigenen Erfahrungen im Urlaub selbst half auch die ausführliche Reisebeschreibung von WomanFairTravel und der kirgisischen Partneragentur nur bedingt.

Vor Ort wurde jedoch schnell klar: Es ist ganz und gar nicht gefährlich in Kirgistan. Es gibt keinen Krieg und so gut wie keine Schleier. Tatsächlich haben wir uns als Frauen jederzeit sicher gefühlt.

 

Reisen in Kirgistan ist vor allem eins – Natur pur

Nun liegen 18 Tage Reise in Kirgisistan (leider!) hinter uns. 2.500 km auf ausgezeichneten Straßen, hin und wieder Sand- und Geröllpisten. Gelegentlich ging es durch abenteuerlich unwegsames Gelände, das nur mit einem Jeep befahren werden kann.

Die sagenhaft wilde Schönheit, die uns in diesem Gebirgsland begegnet, verschlug uns oft den Atem. Grüne Wälder und Wiesen liegen unter schneebedeckten vier- bis siebentausend Meter hohen Bergen mit rauschenden glasklaren Gebirgsflüssen und Wasserfällen. Im Kontrast dazu stehen wundersame, wie von einer Riesenhand geformte braune, anmutig kahle Bergformationen.

Und weiter führte uns die Reise durch weite Steppenlandschaften, Sandsteincanyons bis hin zu hochgelegenen Sommerweiden von unglaublichem Ausmaß. Letztere ein Paradies für hunderttausende (!) von Pferden, Kühen, Ziegen, Schafen und manchmal sogar Yaks.

Das Auge schweift über diese endlosen Wiesen, über einen tiefblauen Hochgebirgssee bis es am Horizont mit schneebedeckten Bergen zum Ruhen kommt.

Erste Reiseberichte und Bilder aus Kirgistan – einfach nur „Wow!“

Dass man im zweitgrößten Gebirgssee der Welt (700 km Umrundung!) vor der Kulisse schneebedeckter Berggiganten baden kann, mutet fast schon unwirklich an.

„Wow! Wahnsinn, so eine Natur!“ So war en gros auch die Reaktion zu Hause auf unsere ersten per WhatsApp gesendeten Fotos und Reiseberichte aus Kirgistan. Ein stabiles Internet und kostenfreies WLAN gibt es nämlich in jedem der von uns angesteuerten Gasthäusern unterhalb 3.000 Meter.

 

Erfahrung mit den Unterkünften in Kirgistan

Unsere vorsorglich eingepackten Items wie Mückenspray, Schlafsack mit Insektenschutz-Imprägnierung, Klopapier und Hygienetücher blieben ungenutzt in der Reisetasche. Sämtliche Zimmer waren sauber und entsprachen gutem europäischem Standard.

Sogar auf das vertraute Sitzklo und Toilettenpapier mussten wir nicht verzichten. Die berüchtigten Stehklos gab es im ganzen Land höchst selten. Wenn, dann zwar nicht gerade duftend, aber gepflegt und nur an stark frequentierten öffentlichen Orten. Nie aber in einem der meist sehr geschmackvoll eingerichteten und durch die Reihe privaten, das heißt familiengeführten Gasthäusern.

Da haben die Veranstalterinnen wirklich eine ausgezeichnete Auswahl getroffen. Kein Luxus, dafür aber nie Masse und immer eine persönliche Atmosphäre in gepflegtem, landestypischem Ambiente.

 

Unvergessliches Erlebnis: Die Übernachtung in der Jurte

Ein unvergessliches Erlebnis waren die insgesamt vier Übernachtungen in zwei unterschiedlich gelegenen Jurtencamps. Auch dort fanden wir in der Regel saubere Toiletten vor, mussten aber auf WLAN und Duschmöglichkeiten verzichten.

Aber wen störte das schon? Es war im Gegenteil gut so: Back to the roots! Es gab so viel zu schauen und vor allem zu erspüren in einer sagenhaft überwältigenden Natur.

Leben und Alltag im Jurtencamp in Kirgistan

Auf die für die Höhe von über 3.000 Meter typischen Tagestemperaturen von 9-19 Grad waren wir durch die Reisebeschreibung eingestellt. Endlich konnten wir die Pullover, Jacken und Socken aus der untersten Lage der Reisetasche hervorkramen.

Wir schliefen in jeder Jurte zu viert, in richtigen Betten und in Thermokleidung. Abends wurde innen ein Öfchen beheizt, das die eisigen nächtlichen Temperaturen von bisweilen 3 Grad zum Einschlafen erträglich machte.

Wer nachts raus musste, hat natürlich gebibbert. Aber der funkelnde Sternenhimmel und zweimal der Zauber der Milchstraße war ein schöner Lohn dafür.

Reise-Erfahrung in Kirgistan: Übernachtung in der Jurte mit Öfchen zum Heizen

 

Aktivitäten im Jurtencamp: Spazieren, Reiten oder Wandern

Tagsüber, wenn das sich blitzschnell ändernde Wetter es zuließ, hieß es Spazierengehen über von Edelweiß und glitzernden Pusteblumen übersäte Wiesen und Hügel.

Oder wir sahen einfach den fleißigen Nomadenfamilien bei ihrer täglichen Arbeit zu und freuten uns dabei auf das üppige Essen in der warmen Gemeinschaftsjurte.

Das als Programmpunkt angebotene mehrstündige Reiten auf einem der typischen kleinen Pferde blieb in unserer Gruppe die Ausnahme. Denn so einfach, wie es bei den kirgisischen Reitern aussah, fiel es uns allesamt Reitunerfahrenen nicht.

Auf den Tagesausflug auf dem Pferd bis hoch auf einen 4.200 Meter hohen Pass verzichteten wir daher alle bereitwillig. Dafür gab es Wandertouren als Alternativprogramm.

Pferde machen eine Pause: Wer möchte, kann im Jurtencamp Reiten

Reiseführerin mit ausgezeichneten Deutschkenntnissen

Wir hatten nämlich das Glück, in Dschamila eine der besten Reiseführerinnen, die wir uns vorstellen konnten, gefunden zu haben. Immer auf Achse, stets ruhig und gelassen, nie Druck machend, hat sie uns ihr Land nähergebracht.

Ihre ausgezeichneten Deutschkenntnisse, ihre freundliche, ja fast schon freundschaftliche Art machten sie zu einer unserer Mitreisenden. Mit dem Unterschied, dass sie im Gegensatz zu uns bestens über ihr Land Bescheid wusste.

 

Erfahrungen mit dem Wandern in Kirgistan

Unsere Reiseführerin zeigte uns als vorauslaufende „Bergziege“, dass kirgisisches Wandern keine vorgezeichneten oder gar befestigte Wege kennt. Stattdessen geht es querfeldein und die Frau ganz vorne ist im wahrsten Sinne des Wortes eine „Pfadfinderin“.

Uns wurde schnell bewusst, dass Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sowie eine sehr gute Kondition Voraussetzung waren für die Touren. Meistens ging es steile Hänge hinauf, an Berggraden entlang oder über Geröll hinweg. Des Öfteren musste die eine oder andere von uns daher passen oder zurückkehren.

Gewöhnungsbedürftig war auch das Atmen in der dünnen Höhenluft, auch wenn wir durch die Streckenführung der Reise allmählich an die Höhenlagen herangeführt wurden. Auf diese Weise konnten wir die Symptome einer Höhenkrankheit verhindern. Das Atmen war aber dennoch etwas beschwert, zumindest bei anstrengenden Wandertouren.

Immer wichtig im Urlaub: Beim Essen hat es an nichts gefehlt

Und das Essen? Das war nur insofern ein Problem, als dass es stets zu viel zu futtern gab! Bis auf 3-4 Ausnahmen, wo es einen Imbiss gab, hatten wir drei relativ große Mahlzeiten pro Tag, zweimal auch in angesagten Ethno-Restaurants.

Da Kirgisen Fleisch lieben (Lamm-, Rind- oder Pferdefleisch) sind die klassischen Gerichte wie z.B. Dimlama, Plov, Beschbarmak in der Regel Fleischgerichte. Aber die Vegetarierinnen in unserer kleinen Frauengruppe bekamen immer eine vegetarische Variante der Klassiker.

 

Brot und Nudeln satt – inklusive eigener Erfahrung bei der Herstellung

Besonders die Teig- und Nudelfreundinnen kamen auf ihre Kosten: Die Frauen backen überall frisches Brot in unzähligen Varianten. Süßspeisen und Gebäck fehlen selten auf einem Tisch.

Die von der chinesischen Minderheit der Dunganen importierte Nudelsuppe Laghman gibt es in vielen Varianten, ebenso wie Manty und Oromo, gefüllte Teigtaschen. Auf Wunsch alles ohne Fleisch.

Auch auf Obst, in frischer oder getrockneter Form, haben wir selten verzichtet.

Überall konnten wir eine hygienische Zubereitung feststellen, so dass die befürchteten Verdauungs-Gaus ausblieben.

In gleich vier Workshops lernten wir verschiedene Formen von Brot zu backen sowie die schier unendlich langen Nudeln der Dunganen herzustellen. Zu den Nudeln gab es dann bei der Familie der Köchin köstliche, selbst hergestellte Saucen.

 

Kultur in Kirgistan von Hauptstadt bis historische Stätten

Bei all den fantastischen Naturerlebnissen fehlte natürlich die Kultur nicht! Unsere Kultur-Tour begann mit der modernen, noch sehr sowjetisch geprägten, quirligen und sehr grünen Hauptstadt Bischkek. Wir erkundeten die Metropole bei Temperaturen von 40 Grad. Da half auch der Blick auf die schneebedeckten Berge am Horizont nicht gegen die Hitze.

Große Ehrenplätze, modernste Supermärkte, Moscheen, orthodoxe Kirchen und orientalisch gefärbte Märkte: Wir wurden überallhin geführt. Bei den Museen lag der Schwerpunkt auf der Arbeit von weiblichen Künstlerinnen. Außerdem besuchten wir am Stadtrand ein von Frauen geführtes Umweltprojekt.

Bei den längeren Fahrten (oft blieben wir 2-3 Tage vor Ort) machten wir immer wieder Halt bei kulturell interessanten Stätten: Steinzeitliche Felszeichnungen, die älteste Karawanserai der Seidenstraße, muslimische sowie russisch-orthodoxe Bauwerke und vieles mehr.

 

Einblicke in das landestypische Handwerk

Wir besuchten auch eine Reihe von Familienbetrieben und von Frauen geführten Kooperativen. So lernten wir die Herstellung der landestypischen Filzteppiche kennen, erhielten Einblicke in verschiedene Webtechniken und sahen, wie eine Jurte hergestellt bzw. aufgebaut wird.

Besonders beeindruckend war der Besuch von einem der wenigen Adlerjäger in Kirgisistan. Wir aßen gemeinsam mit seiner Familie (lecker) zu Mittag, bevor wir im Garten den imposanten Adler kennenlernen durften und der Jäger uns sein Handwerk und seinen Alltag vorstellte.

Blick hinter die Kulissen: im Gespräch mit Frauen aus einer Kooperative in Kirgistan

Immer genug Zeit für Fragen und Antworten

Immer hatten wir genug Zeit, Eindrücke zu sammeln und Fragen zu stellen. Viele junge Leute im Land sprechen Englisch, manchmal sogar ein bisschen Deutsch. Und wenn es nicht auf Englisch ging, dann auf Russisch oder Kirgisisch. Denn beide Sprachen sind offizielle Sprachen in Kirgistan.

Beide Sprachen, das war oft ein Handicap für uns, werden in kyrillischer Schrift geschrieben. Sinnvoll wäre es gewesen, zumindest das kyrillische Alphabet zu beherrschen. Leider war das nicht der Fall, und so fühlten wir uns oft wie völlige Analphabeten im Land.

Aber wir hatten ja unsere Reiseleiterin Dschamila mit ihrer Engelsgeduld und unerschöpflichen Energie. Sie nahm sich immer Zeit, sowohl für unsere Fragen als auch für die Antworten.

 

Freundliche Landesbewohner*innen: höflich und gelassen

Wie alle Landesbewohner*innen Kirgisistans pflegte sie stets einen freundlichen Ton, war höflich zurückhaltend und bewundernswert gelassen. Zu den Einwohner*innen des Landes zählen neben Kirgis*innen zahlreiche ethnische Gruppen, darunter auch viele Russen, Muslime und Christen

Überhaupt beeindruckte uns das respektvolle Miteinander der Menschen sowie ihre Freundlichkeit uns Frauen aus dem fernen „Germaniyaa“ gegenüber. Wir hatten nie das Gefühl, dass eine unüberbrückbare Kluft zwischen uns besteht.

Und sollte es noch nicht klar sein: Einen Schleier mussten wir nicht tragen, das tut die große Mehrheit der muslimischen Frauen im Land auch nicht.

 

Urlaub in Kirgistan: Ein Dankeschön und ein kurzes Fazit

Ein großes Dankeschön bei unserer Frauenreise gilt nicht zuletzt auch dem einzigen Mann, der uns begleitete und ohne den wir keinen Meter vorangekommen wären, nämlich Anatolij, unserem Fahrer. Ruhig und sicher lenkte er uns in seinem komfortablen 4×4 Allrad-Minibus auch auf den unwegsamsten Wegen sicher, geduldig und umsichtig durchs Land.

Dass er auch einmal entschied, auf einer gefährlichen durch Regen aufgeweichten Straße im Gebirge aus Sicherheitsgründen umzukehren, halten wir ihm zugute – auch wenn es uns einen Umweg von 6 Stunden gekostet hat.

Fast erübrigt es sich wohl ein Fazit zu ziehen. Dennoch: Sowohl vom Konzept als auch der Durchführung her war es eine außergewöhnliche, grandiose Reise, die noch lange in uns nachwirken wird!

Ein großes Dankeschön an die Veranstalterinnen, die es ermöglichten, uns mit einem in unseren Breiten doch recht unbekannten Land vertraut zu machen und es ins Herz schließen zu können.

Also: Wer von den Frauen immer noch nicht weiß, wo Kirgisistan liegt, sollte dorthin fahren. Am Ende findet frau es in ihrem Herzen.

 

Gisela Platz, 66 Jahre alt, aus Saarbrücken

Der Reisebericht bezieht sich auf die Tour „Kirgisistan – Eine Frauenreise in das Herz Zentralasiens“:
https://www.womenfairtravel.com/frauenreisen/ferntraeume/kirgisistan/eine-frauenreise-in-das-herz-zentralasiens

Teilen mit: