Kann ich tanzen, wenn Krieg ist?

Gerade glaubten wir die Pandemie einigermaßen überstanden zu haben, brach der Krieg in der Ukraine aus. Mit noch schrecklicheren und unabsehbaren Folgen für uns alle.

Und wir aus der Urlaubsbranche fragen uns, ob wir überhaupt Reisen noch irgendwohin anbieten können/dürfen. Nicht (nur) aus Sicherheitsgründen, sondern vorrangig aus emotionalen, ethisch-moralischen Gründen. Können wir reisen (lassen), wenn nebenan Menschenleben vernichtet werden? Ist das Ego, ist das kaltherzig, ist das definitiv ein No Go? 

Unsere Reiseleiterin Simone Viel teilt ihre Gedanken zu diesen Fragen und Zweifeln mit uns:

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Es ist wahrlich nicht leicht, die Kurve zu kriegen dieser Tage. Ich will schreiben von sonnig-sorglosen Urlaubsreisen und meinen Yoga- und Embodiment-Angeboten, die immer von der Hoffnung auf ein unbeschwerteres und freieres Leben getragen sind. Es geht nicht gut, wenn ich gerade Nachrichten geschaut habe.

Und doch geht unser Leben ja weiter. In dem ganzen täglichen Klein-Klein. Mit den Fragen: Was können wir tun? Und was hilft uns? Was unterstützt und nährt Menschen, die eh schon seit 2 Jahren in ihrer eigenen Dauerkrise leben?



Mitfühlen, aber nicht mitleiden

‚Mitfühlen, aber nicht mitleiden‘, schlug eine meiner Yoga-Frauen im Gespräch nach der Yoga-Klasse am Freitag vor. Das hat mir gefallen. Es erscheint mir wie eine Haltung, die für mich ein aktives Mitfühlen enthält, genauso wie eine gesunde emotionale Distanz.

Es liegt die Chance auf etwas mehr Vogelperspektive darin. So kann ich vielleicht freier entscheiden, wieviel Macht ich den Umständen oder schlicht meinen Gedanken über mich geben will.

Und das ist nötig, wenn ich handlungsfähig bleiben will – für meinen Alltag genauso wie für etwaigen politischen Aktivismus oder humanitäre Hilfe.

Innere Friedensarbeit für Weltherrscher



Und sonst? Ich bin fest davon überzeugt, dass Frieden im Außen nur entstehen kann, wenn ich Frieden im Innern habe. Also radikal ehrlich mit mir bin, nicht mehr im Konflikt mit meinen eigenen Gedanken und Emotionen, mit mir ‚im Reinen‘ oder in ‚meiner Mitte‘, wie es immer so schön heißt.

Denn was im Innern ist spiegelt sich im Außen.



In Frieden und Harmonie mit mir selbst zu leben, ist aber eine irre anspruchsvolle Aufgabe. Man wünscht sich, alle Herrscher dieser Welt würden als Einstellungsvoraussetzung einen erfolgreich absolvierten Kurs in innerer Friedensarbeit und mentaler Hygiene nachweisen müssen.

Was hilft konkret?

Was hilft konkret, nicht irre zu werden, sondern gestärkt und in uns ruhend weiter zu machen – womöglich noch einigermaßen freudvoll und nicht nur im ständigen Survival Modus? Das wird für jede*n von uns anders sein.

Für mich sind es tatsächlich die kleinen und großen Auszeiten auf der Yogamatte und auf Reisen, in denen ich genau so viel Abstand gewinnen kann, um nicht in den inneren und äußeren Strudeln unterzugehen und wieder aufzutanken. Und ja, unbedingt auch mal ein Tanz, um wieder in den Körper zu kommen und über diesen Weg mehr Klarheit zu gewinnen, wieder ‚bei mir‘  anzukommen.

Und ich wünsche uns allen, dass wir so viel wie möglich im Umgang mit den Strudeln in unserem Leben bewusst wählen oder zumindest dosieren können und uns selbst immer ausreichend Raum für noch etwas Frühlingsfreude und Lebensmut erlauben.

Simone Viel
Yoga- und Wanderleiterin zwischen Deutschland und Asien

Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg.
Mahatma Gandhi, indischer Freiheitskämpfer

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